Vortrag 2 Dirk Scharmer

Zusammenfassung und Einleitung:

Was bringen Ökobilanz und das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) der Bundesregierung für den Strohbau und mehr Klimaschutz im Bauen?

Kurzeinführung in die Strohbauweise:
Vom Tinyhouse bis zum 5-Geschosser > mit Strohballen lassen sich auf einfache Weise moderne, langlebige und gesunde Gebäude erstellen, die nicht nur in der Nutzungsphase sondern auch in Herstellung besonders umweltfreundlich sind. Landwirtschaftsüblich hergestellte Getreidestrohballen, die als Bauprodukt mit CE- Kennzeichnen gemäß ETA 17/0247 ausgewiesen sind, werden als Außenwanddämmung stramm und lückenlos in Gefache aus Bohlenständern eingepresst. Raumseitig können sie direkt mit Lehm-, außenseitig direkt mit Kalkmörtel verputzt werden.

Hauptthema: Bauen für die Zukunft-
Weiter so ist nicht: WIE weiter?

Klimaschutz: Alles, sofort und soviel wie möglich!
Ist die Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) mit dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) und den zinsvergünstigten Krediten der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für Klimafreundliche Gebäude (KfN) aus Sicht der aktuellen Dringlichkeitsperspektive ausreichend?

Bereich WOHNGEBÄUDE

Um einen KfN-Kredit zu erhalten, müssen neben anderen Bedingungen Anforderungswerte für das Treibhauspotential (GWP) und den fossilen Energiebedarf (PENRT) im Lebenszyklus eingehalten werden. Wie schneidet hier eine Bauweise aus nachwachsenden Rohstoffen wie die Strohbauweise am Beispiel eines Einfamilienhauses ab? Bieten die Förderwerkzeuge für den Baubereich Anreize für mehr Klimaschutz und einen Einstieg in die Ressourcenwende?

Alles, sofort und soviel wie möglich mit QNG & Ökobilanz
Am Beispiel einer Lebenszyklusanalyse eines beispielhaften Einfamilienhauses wird im Vergleich deutlich, dass

  1. Sofort mehr Klimaschutz durch QNG & Ökobilanz?
    -> Nein, eine Optimierung der sofort klimaschädlichen Herstellphase kann konzeptionell und zahlenmäßig durch Kumulierung mit dem späteren Nutzungsstrom und der späteren Heizenergie nicht gezielt gefördert werden
    (In einer QNG-Bewertung eines EFH‘s können z.B. bis zu 100t fossile CO2-Emmissionen aus der Herstellphase „untergehen“, d.h. mit QNG-Förderung heute unwiederbringlich emittiert werden)
  2. So viel wie möglich Klimaschutz durch QNG & Ökobilanz?
    -> Nein, dadurch, dass heute, unwiederbringlich emittierte Herstellemissionen mit „guter“ Haustechnik (Wärmepumpe, PV, Batterie), bilanziert allerdings mit heute noch „schlechtem“ Strom, gegengerechnet werden kann, verfällt das Potential aus der Herstellphase (vgl. Koalitionsausschuss Ampelregierung Frühjahr 2023 zu sektorübergreifenden Ausgleichsmöglichkeiten).
  3. In allen Bereichen mehr Klimaschutz mit QNG & Ökobilanz?
    -> Nein, dadurch, dass im kumulierten Einzahlwert nicht zwischen CO2 biogenen und fossilen Ursprungs unterschieden wird, sind keine echten Anreize in der Herstellphase für Holzbau und Nawaro‘s möglich (CO2 aus Verbrennung im Modul C3 am Lebenswegende führt für beide zur Abwertung).
  4. Echte Technologieoffenheit mit QNG & Ökobilanz?
    -> Nein, die heutigen Berechnungsregeln (v.a. die 20 kWh/m2·a Nutzungsstrom) legen ein einseitiges Gewicht auf zukünftige Emissionen und verzerren die Lösungsoptionen zu Gunsten von Wärmepumpe, PV, Batterie & Co.
    ->Zum Ausschluss von Biomasseheizungen im hochgedämmten Neubaubereich als klimaschützende Lösung in QNG ist kein nachvollziehbarer Diskurs sichtbar!(Energie aus Biomasse ist der energetische Teil eines nachhaltigen, biogenen Kohlenstoffkreislaufs)